Editorial

Achtsam - Consapevoli

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wie Sie reagieren würden, wenn Sie zufällig mitbekommen, dass eine Frau Gewalt erfährt? Würden Sie hinschauen, sie ansprechen, Ihre Hilfe anbieten – oder würden Sie wegsehen, so tun, als hätten Sie nichts bemerkt? Die meisten von uns – so hat es ëres-Redakteurin Kathinka Enderle im Rahmen ihrer Bachelorarbeit schmerzhaft erfahren müssen – entscheiden sich für das Sich-nicht-Einmischen. Und nehmen damit stillschweigend hin, dass Frauen von ihren (Ex)-Männern geschlagen, misshandelt und getötet werden.
Mit dieser ëres-Ausgabe wollen wir dazu anregen, achtsamer zu sein: gegenüber all jenen, die Gewalt erfahren, gegenüber sich selbst, der eigenen Gesundheit, den persönlichen Lebensträumen. Und gegenüber unseren Mitstreiter*innen – so wie es der Landesbeirat für Chancengleichheit für Frauen seit nunmehr 35 Jahren macht. Wir erzählen, was sich durch das Engagement achtsamer Beiratsfrauen verändert hat und wo wir noch handeln müssen, um Geschlechtergerechtigkeit Wirklichkeit werden zu lassen. Denn Veränderung beginnt mit bewussten Blicken, mit Hinsehen statt Wegschauen.

Wir wünschen Ihnen eine achtsame Lektüre!
Maria Pichler - Chefredakteurin

Vorworte

Ulrike Oberhammer, Präsidentin

Seit 35 Jahren setzt sich der Landesbeirat für echte Chancengleichheit ein – mit Leidenschaft, Beharrlichkeit und Solidarität. Wir haben uns vom ersten Tisch und Stuhl und Platz bis hin zum eigenen Büro (Frauenbüro) alles erobert. Es folgten zahlreiche Aktionen, Gesetze und Interventionen. Mit dem Frauenförderungsgesetz (1989) gab es erstmals einen verbindlichen rechtlichen Rahmen, gefolgt vom Gleichstellungsgesetz (2010). Mit der Unterschrift der europäischen Charta für Gleichstellung durch den Landeshauptmann (2021) und dem Gleichstellungsaktionsplan (2023) folgte ein strategischer Fahrplan, der konkrete Maßnahmen definiert und einen Kulturwandel angeschoben hat. Parallel dazu wurde unser Netzwerk aus Aktivistinnen, Expertinnen und Entscheidungsträgerinnen, das Wissen bündelt und politischen Einfluss sichert, ausgebaut.
Trotz dieser Erfolge fehlen nach wie vor ausreichend personelle Ressourcen und finanzielle Mittel, um alle Vorhaben nachhaltig umzusetzen. Wir fordern deshalb eine deutliche Stärkung der Rolle des Landesbeirates und eine Aufstockung von Budget und Personal in Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft. Nur so kann Gleichstellung keine Utopie bleiben, sondern gelebte Selbstverständlichkeit werden. Packen wir es gemeinsam an, denn Chancengleichheit geht uns alle an!